Kindersoldat in Uganda

Wie uns die Arbeit mit Kindersoldaten verändert

Ein Interview mit Kinderschutz-Expertin Justine Abenaitwe

Unsere Projekte für Kindersoldaten haben ein konkretes Ziel: das Leben dieser Kinder und Jugendlichen zum Positiven zu verändern. Aber wie ist es, einer unserer Kollegen zu sein, die direkt mit diesen Kindern arbeiten? Wie verändert diese Arbeit uns als Mitarbeiter und auch gesamt als Organisation?

Wir haben hierzu drei unserer Kollegen befragt, die mit Kindersoldaten arbeiten. Die Interviewreihe startet mit Justine Abenaitwe. Sie ist Kinderschutz-Expertin in der Konfliktregion Yambio im Südsudan.

Wann und wie hast du begonnen, mit Kindersoldaten zu arbeiten?
Ich habe 2006 im Norden Ugandas begonnen, mit Kindern zu arbeiten, die von der Lord's Resistance Army entführt worden waren. Seit letztem Jahr arbeite ich für World Vision in Yambio.

Was berührt dich am meisten in deinem Job?
Die Arbeit mit den Kindern in Uganda hat in mir etwas entfacht. Nämlich das ganz starke Gefühl, helfen zu wollen. Ich habe einige Jahre danach dann nicht mehr direkt mit Kindersoldaten gearbeitet. Als ich vergangenes Jahr in Yambio anfing, hat mich der Anblick dieser kleinen Kinder in Uniformen mit Waffen in der Hand, die von Lastwägen sprangen, die von irgendwelchen Kommandanten gelenkt wurden, komplett aus der Bahn geworfen. Ich habe mehrere Stunden gebraucht, bis ich mich wieder gefasst hatte. Während der Gespräche mit den Kindern und den Sozialarbeitern musste ich mich bemühen, meine Tränen zurückzuhalten. Geweint habe ich erst, als ich allein war. In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich konnte einfach an nichts anderes denken, als die Horrorszenen, die sie beschrieben hatten. Aber am nächsten Tag kam meine Kraft zurück und auch dieser Wunsch: Ich möchte alles tun, was ich kann, um ihnen zu helfen.

Justine - Kinderschutz-Expertin von World Vision

Was brauchen diese Kinder aus deiner Sicht am meisten?
Normalität. Hoffnung. Sie sehnen sich danach, wieder Kinder zu sein, wieder Teil ihrer Community zu sein, wieder zur Schule zu gehen und wie andere Kinder zu spielen. Andere müssen natürlich davor bewahrt werden, wieder rekrutiert zu werden.

Hilft die Arbeit von World Vision dabei?
Ja, sogar sehr! Man sieht, wie die Kinder langsam wieder Hoffnung und Selbstvertrauen zurückgewinnen. Sie beginnen damit, wieder in ein normales Leben zurückzufinden.

Was sind die größten Herausforderungen, denen wir bei dieser Arbeit gegenüberstehen?
Schutz und Sicherheit für die Kinder. Es ist sehr schwierig, den Kindern Sicherheit und ein besseres Leben zu gewährleisten, solange der Konflikt andauert. Sie haben immer noch Angst davor, wieder entführt zu werden. Sie werden oft von ehemaligen Kommandanten kontaktiert. Die Hoffnungen und Erfolge, die sie gemacht haben, können dann schnell zunichte gemacht werden. So sehr wir auch möchten, wir können sie nicht vor jeglichem Kontakt mit anderen schützen. Und es gibt eben Menschen, die es nicht nur gut mit diesen Kindern meinen. Eine weitere enorme Herausforderung ist das riesige Ausmaß. Der Tag hat einfach nicht genug Stunden, um all das zu tun, was wir tun müssten, um allen Kindern zu helfen, die Unterstützung brauchen.

Das klingt unglaublich schwierig. Was lässt dich durchhalten?
Es ist das, was wir im Leben dieser Kinder bewirken können. Wenn ich mit den Kindern spreche und ihnen versichere, dass sie geliebt werden, dass sich jemand um sie kümmert und es Hoffnung gibt und ich sehe dann dieses Lächeln auf ihrem Gesicht, macht mich das unendlich glücklich.

Was möchtest du mit unseren Kollegen und Partnern teilen?
Wir müssen zusammenarbeiten, um diesen Kindern eine Stimme zu geben. Es darf nicht sein, dass es Menschen gibt, die Kinder rekrutieren – das ist inakzeptabel. Dafür müssen wir uns gemeinsam stark machen. Es sind Kinder – sie sind unsere Zukunft!

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